Vitamine sind zwar lebenswichtige Nährstoffe, ohne die wir nicht leben können, aber sie sollten dennoch mit extremer Vorsicht genossen werden, wenn wir dem Bundesinstitut für Risikobewertung, vormals Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Glauben schenken sollen.
Die europäische Verordnung zu den Nahrungsergänzungsmitteln schreibt vor, dass für Vitamine und Mineralstoffe zulässige Höchstmengen pro Tablette bestimmt werden sollen. Diese Beschränkungen sollen auf wissenschaftlicher Basis erarbeitet werden.
Wie das nun so aussehen wird, zeigt ein umfangreiches Werk, das vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vor Kurzem veröffentlicht wurde. Es werden dort, in zwei separaten Publikationen, die Vitamine und die Mineralstoffe behandelt. Der Vorschlag soll als Entscheidungshilfe auf Europa-Ebene dienen und macht - zumindest auf den ersten Blick - einen soliden Eindruck, der jedoch bald dahinschwindet, wenn man das Werk näher betrachtet...
Risikobewertung ist das neue Schlagwort und das Bundesinstitut hat all die Arbeiten zusammengetragen, die jedes noch so kleine Risiko aufzeigen oder auch nur als hypothetisch möglich erwähnen. Schade, dass der Arbeit jedes Gleichgewicht fehlt. Der Nutzen dieser unentbehrlichen Nährstoffe, vor allem bei der Vorbeugung gegen die weitverbreiteten Krankheiten wie Herz-Kreislauf und Diabetes, bleibt völlig ausser Acht.
Dass die Risikobewertung aber doch nur ein Vorwand ist, zeigt die Diskussion zum absolut harmlosen Vitamin B 12. Es heisst da:
"Bisher sind keine unerwünschten Nebenwirkungen beschrieben worden, die auf eine Überhöhte Zufuhr von Vitamin B12 aus Lebensmitteln oder Supplementen zurückgeführt werden konnten, so dass kein Tolerable Upper Intake Level (UL) abgeleitet werden konnte. Somit scheidet eine überwiegend auf toxikologischen Erwägungsgründen basierende Ableitung sicherer Höchstgrenzen aus und die vorgeschlagene Formel ist nicht anwendbar.Aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes und der noch bestehenden Wissenslücken empfiehlt das BfR, dass die zulässige Höchstmenge 3 bis maximal 9 µg Vitamin B12 pro Tag in Nahrungsergänzungsmitteln nicht überschreiten sollte. Eine Limitierung der zugesetzten Vitaminmenge ist aufgrund der bereits physiologischerweise begrenzten Absorptionskapazität gerechtfertigt. Auch bringt eine wesentliche Erhöhung der empfohlenen täglichen Vitaminzufuhr keinen zusätzlichen ernährungsphysiologischen Nutzen."
Mit ähnlichen Argumenten wird empfohlen, Vitamin E auf 15 mg zu beschränken; bei Vitamin B 1 sollen höchstens 4 mg erlaubt sein und bei Vitamin C sollen wir 225 mg nicht überschreiten. Das Ganze ist hier nachzulesen.
Mit Verbraucherschutz hat das wohl wenig zu tun, denn die vorbeugende Wirkung der Nährstoffe kommt, laut Experten, erst bei viel höheren Dosierungen zum Zug. Beispiel: Vitamin C könnte bei täglich mehreren Gramm, tausenden von Fällen der Herzkreislauferkrankung und Infektionen wirksam vorbeugen. Hickey und Roberts greifen in ihrem vor Kurzem erschienenen Buch die Ihren Erkenntnissen nach viel zu niedrige Tagesempfehlung für Vitamin C an. Sie fordern die US Gesundheitsbehörden auf, die zitierten wissenschaftlichen Arbeiten zu kommentieren. Bisher erfolglos.
Sehen Sie auch (auf Englisch):
Food Supplements: German Risk Institute Takes Dim View
Supplements: EU Court Hears Case As UK Commons Debate Directive
South African Minister: No Restrictive Controls For Natural Medicines
Herbal Medicines: Italy Seeks Clarification
Codex: WHO/FAO Told Nutrient Risk Assessment Must Consider Benefits